Built and Cut-Out
Papier: Gebaut und Ausgeschnitten
Eröffnung: Sonntag, 24. Juli 2011, 17.00 Uhr
Es spricht: Mag. Carl Aigner, Direktor Landesmuseum NÖ, St. Pölten
Ausstellung: 26. Juli – 30. Oktober 2011
Österreichisches Papiermachermuseum
Laakirchen-Steyrermühl
Museumsplatz 1, 4662 Steyrermühl
www.papiermuseum.at
Österreichisches Zentrum des Papiers.
Der künstlerische Einsatz des Werkstoffs Papier hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Schwerpunkt des Museums entwickelt. Papierkunst in den zahlreichen unterschiedlichen Möglichkeiten internationaler Künstlerpositionen hat sich zum zentralen Thema entwickelt. In Relation zu seiner langen Geschichte als Zivilisationsprodukt (insbesondere als Beschreibstoff) ist die Geschichte des Papiers in der bildenden Kunst noch relativ kurz. Zwar wurde es schon früh als Trägermaterial für Zeichnungen und Druckgrafiken verwendet, als autonomer Werkstoff wurde Papier jedoch erst im 20. Jahrhundert entdeckt. Als kunstwürdiges Material fand es zunächst durch die Kubisten und Dadaisten Eingang in die Collage. Autonomes plastisches Werkmaterial wurde Papier dann erst in der Nachkriegszeit als Künstler mit neuen Materialien und Bearbeitungsmethoden experimentierten. Trotz Computerzeitalter erfährt dieser Werkstoff im 21. Jahrhundert wieder eine Renaissance und ist attraktiver Werkstoff für Künstler.
Die während der Ausstellungssaison präsentierten Arbeiten erleben ihren stets intensiv vom Publikum wahrgenommenen jährlichen Höhepunkt in den Sommermonaten. International wurde der Beginn mit der Ausstellung "Paper Road" im Jahr 2006 gesetzt, welche vom IAPMA (International Association of Paper Makers and Paper Making Artists) Kongress begleitet wurde. Im Jahr darauf startete die Ausstellung "Paper Art Factory" und 2008 "dimension fragile", eine Gegenüberstellung von Arbeiten europäischer und chinesischer Künstler, begleitet durch einen dreisprachigen Katalog. Diese Ausstellung fand anlässlich der OÖ. Landesausstellung große auch internationale Beachtung. 2009 standen hochkarätige Ausstellungen auf dem Programm: So zeigte der bekannte deutsche Künstler Peter Weber einen Auszug aus seinen Papierfaltungen, die aufstrebende deutsche Künstlerin Angela Glajcar verwirklichte im August in Steyrermühl eine Groß-rauminstallation. 2010 wurden zwei österreichische Positionen in der Papierskulptur/-installation durch die Oberösterreicherin Christa Mayrhofer und Ingrid Cerny aus Wien gezeigt. Mit dieser Kontinuität der hochkarätigen Ausstellungstätigkeit soll das österreichische Papiermachermuseum an die großen und international anerkannten Museen in Rijswik und Düren nicht nur anschließen, sondern gleichgestellt werden und als Partner zu Kooperationen und EU-Projekten eingeladen werden.
Ausstellenden Künstler:
Alexandra Deutsch und Stefan Saffer
Nicht nur die unerschöpfliche Verwendungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten, auch die vielfältigen kulturellen und historischen Konnotationen machen Papier dabei zu einem idealen Werkstoff, der nach wie vor von großer Aktualität ist.
In der diesjährigen Ausstellung werden zwei Künstlerpositionen mit konträrer Arbeitsweise gezeigt.
Aufbauen und Formen im Gegensatz zum Reduzieren und Ausschneiden.
Dazugeben und Weglassen, Gebaut und Ausgeschnitten.
Alexandra Deutsch könnte man als Papierplastikerin bezeichnen. Als plastische Grundmasse verwendet sie flüssigen Papierpulp und schöpft ihre Papiere relativ dick, so dass sie trotz ihrer Verletzlichkeit einen gewissen Widerstand ausdrücken. Die Technik des Schöpfens, die sie seit dem Studium beherrscht und immer mehr verfeinert hat, bildet die handwerklich Basis ihrer Kunst: "Zellstoff einweichen, kleinreißen, durchmixen, in die Bütte schütten. / Schöpfen, pressen. / Von den Tüchern nehmen, übereinander legen, überlappen lassen, / zusammendrücken", so hat sie es selbst beschrieben. Dann montiert sie über einen gewölbten Körper in ungleichen Abständen übereinanderliegende Lamellen, die in aufgebogenen Tentakeln münden können. Das andere Mal breiten sich von einer zentralen Vertiefung erdbebengleich Wellen aus, die zum Rand hin verebben. Dann wiederum sind es unregelmäßige Waben mit dazwischen liegenden Kratern und obenauf langen dünnen Stacheln, die in die Welt hinein lugen.
Auch geht eine starke Kraft von der tiefsitzenden, vibrierenden Farbigkeit aus. Sie ergibt sich aus dem künstlerischen Verfahren, das sehr saugfähige Papier mit flüssiger Beize zu tränken und einzufärben. Schwach gebunden Pigmente bringen zuletzt die Materie zum Leuchten.
Fremd und vertraut zugleich erscheinen Alexandra Deutschs Objekte, erinnern an einfache Organismen, an Pflanzen, Insekten, Meerestiere und sind doch ganz anders, nicht einzuordnen. Bei aller wesenhaften Anmutung sind sie abstrakt und sprechen eine eigenständige, künstlerische Sprache. Die Formen wirken organisch, wie gewachsen und scheinen nach vielen Entwicklungsprozessen und Wandlungen gereift. Das hängt mit einem langen Entstehungsprozess zusammen, in dem sich Farb- und Formideen in andauernden Zwiesprache mit dem Material verdichten.
(Textausschnitte: Isolde Schmidt/Ulrike Hauser-Suida)
Die Cutouts Stefan Saffers sind, was ihr Name vorgibt: Ausgeschnittenes. Der Künstler entwirft, zeichnet "malt" Linie und Form abstrakter Kompositionen, die bisweilen auch zum Text werden oder figurative Anleihen annehmen. Der Prozess des "Entwerfens", hier im praktischen Sinne der traditionellen "Hand-Arbeit" ausgeführt, geht weiter. Saffer schneidet ins unspektakuläre Material Papier oder Karton, zieht mit dem Cutter die Konturen nochmals nach, doch nicht ausschließlich. Die im ersten Entwurf gesetzten Linien und Flächen werden nochmals überdacht und für gut befunden oder dem radikalen Abschnitt unterworfen. Soweit ist ein Cut-out des Künstlers eher ein Cut-in, also ein bewusst stehen gelassene Papierfläche. Nur gerade dieses Material ist für den Betrachter zu späterem Zeitpunkt für eine Interpretation vorhanden. Das auf zerstörerische Art und Weise Weggeschnittene mutiert zur Leerstelle des Werks. Doch dem nicht genug. Das beinahe bildhauerische Fragment fragilen Papiers wird in Reihe, übereinander oder als Solitär über feine Nadeln gehängt und findet so seinen Platz nicht an der Wand, sondern vor ihr. Bewusst beschreibt Stefan Saffer seine Werke als "Zeichnungs-Cutouts mit Schatten an den Wänden". Mit dem Schattenwurf findet das Saffer‘sche "Entwerfen" erst seine Vollendung.
Die Gemeinsamkeit der beiden Künstler ist abgesehen vom Material des Papiers in der Farbigkeit der Arbeiten und in der Radikalität des Ausreizens der Materialität zu sehen.